Skulptur des Hl. Martin, Patron unserer Kirche, an der Außenwand rechts vom Haupteingang, angebracht am 10. November 1997
Der hl. Martin lebte in einer Zeit des kirchlichen und gesellschaftlichen Umbruchs wie wir. Seine Zeitgenossen konnten an ihm ablesen, was es heißt, bewusst als Christ zu leben.
Unsere Martinskirche hatte 26 Jahre lang weder außen noch innen einen Hinweis auf ihren Namenspatron. Dieser Mangel wurde 1997 behoben. An der Außenwand rechts vom Haupteingang gibt es seit dem eine bildliche Darstellung des hl. Martin, wie er dem frierenden Bettler die Hälfte seines Mantels gibt.
Die Koblenzer Bildhauerin Edith Peres-Lethmate schuf das Kunstwerk als Relief aus V2A-Stahl. Sie weicht hier von ihrer bevorzugten Technik, dem Bronzeguss, ab.
St. Martin – das, wofür sein Bild steht – ist aus unserem Bewusstsein als Vorbild nicht mehr zu löschen. Es ist in der Gegenwart aktueller denn je. Der geteilte Mantel, in diesem Symbol wurde er zu einem der am meisten menschlich anrührenden Figuren des Abendlandes. In allen Gemeinden tragen Kinder zu seinem Festtag Lichter durch die Straße. Kirchen in der ganzen Welt tragen seinen Namen. In Frankreich gibt es 3678 Martinskirchen. Im Bistum Trier sind es 71. Unsere Kirche, unsere Gemeinde hat einen Namen, der gleichzeitig ein Programm ist. Ihr Name ist ein Vokativ, ein Rufwort. Der Name setzt in Bewegung, der Name verpflichtet.
Man fragt sich vielleicht, ob das Material dieses Reliefs geeignet ist, eine solche Hinwendung zum anderen Menschen auszudrücken, zum Menschen, der mich braucht. Es ist Stahl, ein besonders harter Edelstahl, dem keine Witterung etwas anhaben kann. Stahl weist auf Härte hin. Kann also dieses Material Symbol für menschliches Verhalten sein.
Wenn man genauer hinschaut, stellt man fest, wie verblüffend dynamisch und bewegt das Stahlbild wirkt. Die ungezählten Einzelteile sind so zusammengefügt, zusammengeschweißt, dass von Starre keine Rede sein kann – Härte und Weichheit zugleich. In dieser Spannung steht auch unser Leben. Darin wird das Relief zum Gleichnis für uns selbst.
Es geht nicht anders: wir müssen uns um eine Härte bemühen, die Widerstandskraft für Krisen vermittelt, Durchsetzungsfähigkeit für das, was ich als richtig erkannt habe. Aber diese Härte schließt Dynamik und Beweglichkeit nicht aus. Gerade der innerlich Bewegliche braucht sich nicht dauernd ängstlich anzupassen, sondern geht seinen Weg ruhig und stetig und sicher. Das Starke ist nicht das Starre, sondern das Lebendige. Wer in sich selbst ruht, kann sich einfühlen und vom Anderen her denken und handeln.
Sich einfühlen, wie es der Heilige Martin vermochte, das ist überhaupt das Fundament vieler menschlicher Qualifikationen. Wie oft vermissen wir das in unseren Beziehungen und im öffentlichen Klima, in Familien, Schulen und am Arbeitsplatz.
Unser Martinsbild kann uns Hinweis sein, mehr miteinander zu leben, weniger aneinander vorbei, mit den Augen des anderen zu sehen, mit seinen Ohren zu hören und miteinander zu teilen; denn mit Teilen lässt sich leben. eu